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Milchzähne in guten Händen

Ich frage Dr. Kathrin Mehlhase, Zahnmedizinerin und Fachärztin für Kinderzahnheilkunde wie gut sich Zähne und Zucker vertragen und warum man manchmal, aber nur manchmal ohne Schäden auch ein Gummibärchen essen kann, wenn man dafür einige Grundregeln beachtet.

Ich sehe nicht selten Kinder, die an Apfelsaftfläschchen nuckeln oder Früchtebrei bekommen? Ok für die Zähne oder eher ein schlechter Anfang?

Gut beobachtet. Und leider der schlechteste Start, den man sich wünschen kann. Die kleinen Milchzähne reagieren extrem empfindlich auf zu viel Zucker und wenn dieser dann auch noch über süße Getränke aus der Flasche oder dem Trinkpäckchen angesaugt wird, werden die Zähne regelrecht in Zucker gebadet. Den Zähnen ist es hierbei völlig egal, ob es sich um natürlichen Fruchtzucker oder Industriezucker handelt. Jede Form von Zucker stellt ein Risiko für Karies dar. Produktwerbung mit Aussagen wie „ohne Zuckerzusatz“ oder „nur mit Naturzucker gesüßt“ verleiten viele Eltern zu glauben, dass den Zähnen mit diesen Produkten nichts passieren könne. Leider ein Irrtum.

Wie viele Süßigkeiten verträgt denn so ein kleines Milchgebiss? Ist es eher die Menge oder die Regelmäßigkeit, die zu angegriffenen Zähnen führt? An welchem Alter sieht man in einer Praxis die ersten Schäden?

Das Milchgebiss ist grundsätzlich sehr gefährdet Karies zu entwickeln. Das liegt an verschiedenen Faktoren. Zuerst einmal ist ein Milchzahn viel kleiner, als ein bleibender Zahn. Die äußere und gleichzeitig auch härteste Schicht (der Schmelz) ist zudem wesentlich dünner, so dass eine Karies sehr schnell sehr viel tiefer voranschreitet als bei uns Erwachsenen. Und die richtige Zahnpflege ist oftmals gar nicht so leicht bei den Kleinsten, denn Geduld und Freude sind oft Fremdwörter beim Versuch Zähne zu putzen. Die Ernährung und Getränkegewohnheiten sind somit extrem wichtige Säulen zur Gesunderhaltung des Milchgebisses. Süßigkeiten sollten auf ein Minimum reduziert werden.
Welchen Weg man geht, muss jede Familie für sich herausfinden, aber lieber einmal am Tag ein paar Gummibärchen mehr naschen als über den gesamten Tag verteilt immer wieder eine Nascherei. Und sich auch bewusst machen, dass nicht nur Süßes, sondern auch Cracker, Dinkelstangen und das beliebte Brötchen zwischendurch (und alles was sonst noch Stärke enthält) kariesfördernd sind.
Wie schnell die Milchzähne Schaden nehmen, sehe ich täglich in der Praxis. Karies bei 2jährigen ist leider keine Seltenheit (in diesem Alter sind oft noch nicht einmal alle Zähne durchgebrochen). Mein Tipp: gehen sie frühzeitig mit Ihrem Kind zum Zahnarzt. Es geht noch nicht darum, dass Ihr Kind schon den Mund aufmacht, sondern hilft Ihnen, sich alle Informationen zu holen, die sie benötigen ihrem Kind eine zahngesunde Kindheit zu bescheren. Suchen Sie, wenn möglich einen Kinderzahnarzt auf, denn dieser kennt sich am besten mit den Milchzähnen aus!

Wie gehst Du mit dem Thema bei Deinen Töchtern um?

Als Mutter gerate ich im Alltag in die gleichen Fallen wie alle anderen Eltern auch. Mein Wissen schützt mich nicht davor, dass meine Kinder auch von Gummibärchen, Fruchttiger und Eis leben könnten. Umso wichtiger ist es, dass man sich als Familie Regeln überlegt (zum Beispiel süße Getränke nur am Wochenende, eine Süßigkeit am Tag nach dem Essen, im Idealfall 3x Tag putzen), denn Ausnahmen von diesen Regeln kommen von ganz allein (Kindergeburtstag, Schokolade von der Nachbarin, die lieben Großeltern…).

Üblicherweise putzt man sich in unseren Breitengraden morgens und abends die Zähne. Kann man trotz regelmäßiger Zahnpflege sehen, ob jemand (auch Erwachsene) gern Limonade oder Saft trinkt?

Ja, die Schmelzoberfläche verrät, ob jemand nicht nur gern, sondern auch übermäßig zucker- und säurehaltige Getränke konsumiert. Zucker und Säuren lassen den ph-Wert im Mund ins saure Milieu abrutschen und die äußere Zahnsubstanz leidet. Es kommt zu Erosionen, d.h. die Schmelzschicht wird porös, verliert ihren natürlichen Glanz und wirkt fleckig, Karies kann eher entstehen. Vor allem im Milchgebiss ist ein zahnschädliches Trinkverhalten sehr schnell und eindeutig sichtbar.

Frau M. und ich haben während des Studiums einige Zeit ein Zuhause geteilt. Ich erinnere mich, dass ich einmal mit einer Flasche Volvic Zitrone nach Hause kam. Dafür gab es dann eine zahnmedizinische Standpauke in Sachen Getränke. Ein Blick auf die Zutatenliste zeigt auch warum:
Zutaten: Natürliches Mineralwasser Volvic (88%), Zucker (6,5g), Zitronensaft aus Zitronensaftkonzentrat (4,3%), Limettensaft aus Limettensaftkonzentrat (1,7%), Säuerungsmittel: Citronensäure, Antioxidationsmittel: Ascorbinsäure, natürliches Aroma
Heute predige ich das selbst, vor allem weil 500ml davon schon die tägliche empfohlene Maximaldosis an isoliertem Zucker überschreiten. Aber noch mal aus Sicht einer Zahnärztin. Warum ist es keine gute Idee so was zu trinken?

Wasser ist der ideale Durstlöscher. Für unseren Körper und für unsere Zähne. Zuckerhaltige Getränke im Übermaß greifen nicht nur unsere Zähne an, sondern beeinflussen auch unseren Insulinhaushalt negativ. Zusätzlich zum Zucker enthalten viele Durstlöscher weitere Zusatzstoffe (Farbstoffe, künstliche Aromen), mit denen man seinem Körper keinen Gefallen tut.
Das Argument vieler Eltern, dass ihre Kinder nicht genug trinken, wenn es nicht süß schmeckt, ist ebenfalls ein Trugschluss. Kinder, die von Anfang an vor allem Wasser zu trinken bekommen, haben weniger Verlangen nach süßen Getränken. Wird der Eistee oder der Fruchtsaft jedoch zum Dauerdurstlöscher führt dies zu einem erhöhten Insulinspiegel im Blut. Und da das Insulin verantwortlich ist, den Zucker aus dem Blut zu den Organen zu transportieren, braucht der Körper immer mehr Insulin, so dass die Kinder in der Folge immer mehr Süßes verlangen.

Ich behaupte mal in den meisten Büros und Hinterzimmern gibt es eine Schublade in der Süßigkeiten deponiert werden. Wenn ich da ein Jahr lang jeden Tag reingreife und mir aber natürlich trotzdem abends die Zähne putze, würdest Du das sehen, wenn ich nach einem Jahr zur Zahnkontrolle komme?

Nicht zwingend. Dazu beeinflussen zu viele Faktoren die Zähne. Zahnpflege, Ernährungsgewohnheiten, Getränkekonsum, familiär bedingtes Kariesrisiko spielen hier u.a. eine Rolle. Und ich verrate sicher kein Geheimnis, dass es in den meisten Zahnarztpraxen auch ein Süßigkeitenfach gibt, an dem man sich an stressigen Praxistagen gern bedient.

Wie gelingt es mir am Besten mit gesunden eigenen Zähnen in Rente zu gehen?

Da ist jeder selbst gefordert. Der Mix aus gesunder Ernährung (zucker- und stärkearm), viel Wasser und guter Mundhygiene (mind. 2x/Tag putzen und Zahnseide oder Interdentalbürsten verwenden) ist die wichtigste Grundlage. Gepaart mit regelmäßigen Kontrollen beim Zahnarzt und halbjährlicher professioneller Zahnreinigung muss sich heute niemand mehr vor einer Totalprothese im Alter fürchten, sondern kann mit eigenen gesunden Zähnen alt werden.

Als Kind bekam man ja auch beim Zahnarzt gelegentlich noch ein Bonbon wenn gebohrt wurde. Gibt es heute gesündere Trostpflaster, gibt es aus Sicht eines Zahnarztes überhaupt gesunde Süßigkeiten oder hilft nur Abstinenz?

Süßigkeiten beim Zahnarzt als Belohnung sind heutzutage hoffentlich in allen Praxen tabu. Bei uns freuen sich die Kinder schon vor der Behandlung, dass sie am Ende immer in einer großen Piratenkiste voller Spielzeug herumwühlen und sich etwas aussuchen dürfen.
Es gibt sogenannte zahnfreundliche Süßigkeiten. Diese schaden den Zähnen nicht und sind am rot-weißen Zahnmännchen mit Schirm zu erkennen. Das Beste ist jedoch immer noch, seinem Kind klarzumachen, dass Süßes nicht die Regel, sondern die Ausnahme ist und dann darf es auch mal ein „echtes“ Gummibärchen sein.

Und wer sich in Leipzig um die Zähnchen seiner Kleinen sorgt kann gern hier nachfragen:
Zahnärzte im Roßbachpalais/ZA-Leipzig
Dr. Kathrin Mehlhase
Standortleitung Kinderzahnarztpraxis kids & teens
Könneritzstr. 46, 04229 Leipzig

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