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Warum gehören Omega-3-Fettsäuren nicht in Fischölkapseln?

Heute geht es um Forschung, fette Fische und Fettsäuren. Genauer Omega-3-Fettsäuren – bestimmt schon mal gehört?!

Es gibt gesättigte, einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Der menschliche Körper braucht Fettsäuren. Was macht er damit? Zellmembranen aufbauen zum Beispiel, nur können mehrfach ungesättigte Fettsäuren von Wirbeltieren und Menschen nicht selbst aufgebaut werden, deshalb gelten sie als essentiell, wir sollten sie also mit unserer Nahrung zu uns nehmen.

Also dann: Packung auf – Kapsel schlucken – fertig! Wo ist das Problem?

Nun, wir müssen es nicht Problem nennen, es gibt sicher Schlimmeres, es hat nur wenig nachgewiesenen Nutzen. Nach jahrelangen Empfehlungen erschienen im Jahr 2014 gleich mehrere Studien, die aufgrund bestehender Daten die Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren durch Nahrungsergänzungsmittel eindeutig in Frage stellen.

Sind Omega-3-Fettsäuren jetzt doch nicht gesund?

Doch sind sie und wir brauchen sie natürlich auch. Omega-3-Fettsäuren sind zum Beispiel ɑ-Linolensäure, Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA). EPA und DHA fördern die Durchblutung, wirken präventiv gegen Koronare Herzkrankheiten und können der entzündungsfördernden Wirkung durch hohe Konzentrationen von Omega-6-Fettsäuren (wie Arachidonsäure) entgegenwirken. Beide kommen in fettreichen Fischarten vor, während die ɑ-Linolensäure in Pflanzen zu finden ist (Leinsamen, Leinöl, Walnüsse und -öl, Chia, Algen), unser Körper kann sie in EPA und DHA umwandeln. In den glatten Muskelzellen der Blutgefäße bewirkt eine Weitung der Gefäßwand eine Senkung des Blutdrucks, vermittelt durch sogenannte BK-Kanäle. An eben diese BK-Kanäle bindet hochaffin die Omega-3-Fettsäure DHA und bewirkt die blutdrucksenkende Wirkung. Das ist nur längst nicht alles, in Immunzellen (Makrophagen) wird DHA zu Maresinen umgesetzt und unterdrückt dadurch Entzündungsreaktionen. Allerdings nahezu nur DHA, in Fischölkapseln jedoch steckt nicht nur DHA, sondern eine Mischung verschiedenster ungesättigter Fettsäuren und Fettsäure-Ethylester (DHA-EE, EPA-EE), die wiederum gegenteilige oder keine Wirkungen entfalten können. Vor allem stellte sich innerhalb der Studien heraus, dass die gesundheitsfördernde Wirkung der Omega-3-Fettsäuren sehr spezifisch und vor allem konzentrationsabhängig bewertet werden muss, um medizinisch wirksam eingesetzt zu werden. Die Mischung in Fischölkapseln gewährleistet diese Anforderungen nur keineswegs. Zumal andere Studien zeigen, dass angegebener und tatsächlicher Gehalt der angegebenen Fettsäuren beträchtlich schwankt. Die Angaben auf der Verpackung lauten zum Beispiel: 128 mg EPA, 80 mg DPA pro Tagesdosis (2 Kapseln), entspricht Prozent der empfohlenen Tagesdosis: keine Empfehlung vorhanden. Wenn also niemand so genau weiß, wann wieviel wirkt und kein Nutzen über den normalen Bedarf hinaus nachweisbar ist, warum kaufen und nehmen dann Millionen von Menschen diesen Fischöl als Kapseln ein? Weil man gelesen hat, es wäre gesund.

Jemand erzählte mir von einem sehr erfolgreichen Forschungsprojekt, dessen Sinn sich mir aus Sicht der beiden beteiligten Firmen durchaus erschließt, aus Sinn der Menschheit eher weniger. Alles eine Frage der Perspektive, wie immer. Die Geschichte, die sich selbst als nachhaltig deklariert, geht so:

  • 75 Prozent der weltweit produzierten Fischölmengen wandern als Fischfutter in (Lachs-)Aquakulturen und ansonsten gern in Tiernahrung
  • der Markt für die, ich behaupte mal nicht ganz unumstrittenen Aquakulturen wächst beständig, die Fischbestände dagegen sinken beständig, es entsteht also eine Lücke aus verfügbaren Futtermitteln und Bedarf
  • Firma A (Video im Link!) bündelt Kompetenzen in Algenzüchtung mit biotechnologischer Forschung und Produktentwicklung von Firma B, heraus kommt die Produktion von Omega-3-Fettsäuren aus Algen statt aus Fisch(beständen), so weit so gut
  • Nein, diese werden nicht als Nahrungsergänzungsmittel verkauft, zu kurz gedacht, sie werden als Futtermittel an Betreiber von Aquakulturen verkauft, damit die Lachse genügend Omega-3-Fettsäuren enthalten, die dann wiederum laut Ernährungsempfehlungen von offizieller Seite unseren Omega-3-Fettsäurebedarf decken sollen
  • Die Menschheit: überfischt die Meere, weicht auf Aquakulturen aus, hat aber nicht mehr genug Fisch um langfristig die Fische in Aquakulturen zu füttern, forscht an intelligenten Lösungsansätzen, möchte aber nicht auf Fisch aus Aquakulturen verzichten und verfüttert deshalb wertvolle essentielle Fettsäuren aus Algen in Aquakulturen, damit wir unseren Bedarf an essentiellen Fettsäuren weiter aus Fisch decken können.  So wrong on so many levels.
Quellen:
Grey A, Bolland M: Clinical trial evidence and use of fish oil supplements. JAMA Intern Med. 2014 Mar;174(3):460-2
Chowdhury R et al., Association of dietary, circulating, and supplement fatty acids with coronary risk: a systematic review and meta-analysis. Ann Intern Med. 2014 Mar 18;160(6):398-406
Enns JE et al., The impact of omega-3 polyunsaturated fatty acid supplementation on the incidence of cardiovascular events and complications in peripheral arterial disease: a systematic review and meta-analysis. BMC Cardiovasc Disord. 2014 May 31;14:70

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