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The Beginning

Berlin, 32° Celsius, Hochsommer. Ich stehe mit zwei Doraden an der Kasse eines türkischen Supermarktes, die müssten dann schnellstens mal in den Kühlschrank. Vor mir ist zum Glück nur eine Person. Ein Typ Anfang 40, leicht verschwitzt, Hemd spannt leicht, offensichtlich in Eile, den Autoschlüssel für die Weiterfahrt in der Hand, kauft sich eine Fanta, die Flasche ist auch schon halb leer als er sie auf das Band stellt. Und in meinem Kopf springen die Fragezeichen auf. Wieso kauft er denn kein Wasser? Ich war kurz davor ihn zu fragen, nur musste ich mich dann selbst schnell stoppen, „was geht mich das denn an?“ Erst einmal gar nichts, nur die Frage bleibt stehen. Warum trinkt er kein Wasser, wenn er offensichtlich durstig war?

Unsere Supermärkte sind ein echtes Warenparadies. Alles da was das Herz begehrt. Volle Regale mit Softgetränken, Säften, Müslis, Konserven, Obst, Gemüse, Fleisch, Wurst, Milchprodukten, Wasser, alkoholische Getränke, Knabbereien und Süßes, Tiefkühlkost, Drogerieartikel, alles für den täglichen Bedarf. Und die Saisonartikel erst. Vollmilchhäschen und Küken Ende Februar, Weihnachtsgebäck ab 1. September, kaum sind die Erdbeeren weg kommt der Federweißer. Alles da und zu recht erschwinglichen Preisen verfügbar.
Abgesehen vom frischen Obst und Gemüse alles 1A aus den Nahrungsmittelfabriken unseres Vertrauens. Alles bestens geeignet für Erde, Mond und Tattoine. Aber sind das Nahrungsmittel? Schmelzkäsescheiben, Cornflakes, Schokomilch und Fleischsalat? Wirklich nahrhaft? Ich behaupte willkürlich, niemand möchte sich grundsätzlich ungesund ernähren. Liegt es also daran, dass wir nicht wissen was gesund ist oder nicht wissen wollen wie ungesund so Vieles von dem ist was wir tagtäglich verzehren?

Je mehr mir bewusst wird was uns da angeboten wird desto schlimmer finde ich dieses Angebot. Aber da gehen die Meinungen weit auseinander. Mein geschätzter Kollege T. (ich nenne ihn liebevoll die Dessertfalle) eines Tages kurz nach Mittag zum Thema:
T: „Also wenn ich Dir jetzt hier einen Snickers hinlege, würdest Du ihn dann allen Ernstes nicht essen?“
A: „Auf keinen Fall, das ist doch purer Industrieschrott!“
T entsetzt: „Was echt nicht? Da sind doch nur gute Sachen drin!“
Ich gebe zu, ich habe seitdem bestimmt schon drei Snickers gegessen, nur nie vor seinen Augen. Wobei sich an meiner Einstellung nichts geändert hat, nur war ich hungrig und alles was es einmal am Provinzbahnhof spät noch gab war dieser Schokoautomat. Ich reise viel, meistens beruflich, Bahnhof, Autobahn, Bahnhof. Schnell noch was mitnehmen, war keine Zeit mehr zum Kochen. Bis vor ein paar Monaten ging immer: Ich gehe mal eben zum Bäcker oder ich hol mir einen Salat. Pommes gehen in Ausnahmefällen auch mal. Ich kenne keine zweite Person, die man seit Kindesbeinen an mit einem karamellisierten Schweinsohr so glücklich machen konnte. Schlaraffenland to go. Nur blöd, dass ich jetzt auch noch auf Getreide verzichte. G-L-U-T-E-N-F-R-E-I. Nominiert zum unbeliebtesten Wort des Jahres. Ich erwähne es schon selbst ungern und manchmal möchte man sich gleich nachdem man es vorsichtig gesagt hat unterm Tisch verstecken. Weil ich keine Zöliakie habe und wenn ich die Forschung richtig verfolge ist auch nicht Gluten als Stoff an sich das Problem (mehr dazu in den entsprechenden Beiträgen). Ich sehe schon das Augenrollen der anderen bevor es losgeht. „Warum macht man das freiwillig?“ „Was soll das?“ „Da muss man doch auf so viel verzichten!“ sprechen sie dann oder es steht unausgesprochen im Gesicht. Respekt habe ich vor süddeutschen Wirtinnen im hoteleigenen Restaurant. Die ungesunde Höhe der Augenbrauen wenn man vegetarisch und glutenfrei in einem Satz unterbringt. Aber es tut gut. Je öfter ich das Kleingedruckte auf Lebensmittelverpackungen lese und sehe was mir to go so angeboten wird, desto mehr möchte ich verzichten. Fühlt sich mittlerweile an wie ein großer Gewinn.
Don´t dig your grave with your own knife and fork. Damit sind dann auch keine versehentlichen Schnittwunden (oder Snickers) gemeint.

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