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Was man mit Radieschen zur Explosion bringt

Was Brokkoli und Kohl so gesund macht und was Radieschen damit zu tun haben lest ihr hier:

Forscher(innen) des UniversitätsKlinikums Heidelberg der Sektion Chirurgische Forschung lassen es knallen, nein keine Champagnerkorken, aber die Forschungsergebnisse der „molekularen Onkochirurgie“ zeigen welche erstaunliche Wirkung sich durch den Genuss frischer Nahrungsmittel ergibt. Wir haben wohl alle schon mal wahrgenommen, dass Brokkoli besonders gesund sei und womöglich sogar irgendwie vor Krebserkrankungen schützt, aber welche Stoffe sind dafür verantwortlich?

Zu verdanken haben wir das letztendlich der Tatsache, dass sich Lebewesen nicht gern von Anderen fressen lassen. Um sich also wehren zu können, haben sie im Laufe der letzten paar Jahre oder auch Jahrmillionen Strategien entwickelt, die sie für Fressfeinde nicht allzu schmackhaft machen. Entscheiden wir uns nun für den Verzehr von Lebewesen, die solche Stoffe produzieren, entscheidet daraufhin unser Körper wie gut er damit zurecht kommt. Das geht mal weniger gut aus (Pilzgifte), kann aber eben auch dazu führen, dass uns diese Stoffe ausgesprochen gut tun. So auch beim Brokkoli und all seinen verwandten Kreuzblütlerfreunden, den Brassicaceae (Kohlsorten, Kresse, Rucola, Meerrettich, Senf etc.).

Besonders neugierig widmet man sich seit einiger Zeit dem Stoff Sulforaphan, wem das zu chemisch klingt auch Senföl genannt und dem Enzym mit dem blumigen Namen Myrosinase. Senföle haben eine Reihe von für uns recht nützlichen Eigenschaften, sie wirken antiviral, antimikrobiell und können eben auch eine krebsvorbeugende und –therapeutische Wirkung entfalten. Da besonders viel dieses Senföls in Brokkoli, vor allem dessen Samen und Sprossen steckt, wurden während einer Studie bei Patienten mit Pankreaskarzinom Brokkolisprossen in Kapseln eingesetzt.

Was erzeugt jetzt aber die Explosion und was hat das mit Radieschen zu tun?

Innerhalb der Pflanze liegen die Vorläufermoleküle der Senföle, die Glucosinolate und das Enzym Myrosinase getrennt voneinander in der Pflanze vor. Kommt jetzt aber ein Insekt vorbei und fängt an zu knabbern oder aber ein Mensch greift zum Messer, wird die Pflanzenzelle verletzt und die beiden Stoffe reagieren miteinander. Das Enzym, die Myrosinase, spaltet das Glucosinolat und damit wird das Sulforaphan freigesetzt, die Senfölbombe!
Auch wenn da jeder seine eigene Schmerzgrenze hat, es lassen sich bekanntermaßen nicht alle Kohlarten und deren Verwandte in unbegrenzter Menge roh verzehren, ungesund ist es keineswegs, nur manchmal eben nicht gut verträglich. Sinnvollerweise kann Brokkoli dann kurz erhitzt werden, 3-5 min in Öl gebraten oder dampfgegart reichen aus. Nur das Enzym, die Myrosinase ist ein arges Hitze-Sensibelchen und dankt in diesem Fall ab, geht uns also verloren. Hier kommt das Radieschen ins Spiel: kombiniert man rohe und gegarte Kreuzblütler auf dem Teller, also gegarten Kohl mit fangfrischen Radieschen oder Rucola oder Meerrettich in denen das Enzym noch enthalten ist, liefert man damit den Zündstoff zur Explosion und die Senfölbombe entfaltet ihre Wirkung! Zum Glück ist das für uns alles andere als dramatisch! Da Senföle freie Radikale neutralisieren können, die beim braten oder grillen entstehen versteht spätestens jetzt jeder warum man Bratwürstchen gern mit Senf isst. Gesünder wären natürlich drei bis fünf Portionen eines Kreuzblütlers pro Woche und dann die Radieschen nicht vergessen!
Wer mehr darüber erfahren möchte kann sich hier informieren.

Da Sulforaphane auch antimikrobiell wirken, gibt es eine Reihe von Stimmen, die behaupten, man könnte sie z.B. auch bei Entzündungen der Nasennebenhöhlen und bei Atem- und Harnwegsinfekten einsetzen. Sie sollen sogar besser wirken als der gern verkaufte Cranberryextrakt. Gibt es als Tabletten in Apotheken unter dem Handelsnamen Angocin® Anti Infekt N mit einer Wirkstoffkombination aus Kapuzinerkresse und Meerrettichwurzel, einen Versuch statt herkömmlicher Antibiotika ist es bei unkomplizierten Infekten sicher wert.

Referenzen:
1. Conrad A. et al.: In vitro-Untersuchungen zur antibakteriellen Wirksamkeit einer Kombination aus Kapuzinerkressekraut und Meerrettichwurzel. ArzneimForsch./Drug Res; 2006 (56); 12; S. 842-849
2. Goos, K. H. et al.: Wirksamkeit und Verträglichkeit eines pflanzlichen Arzneimittels mit Kapuzinerkressenkraut und Meerrettich bei akuter Sinusitis, akuter Bronchitis und akuter Blasenentzündung im Vergleich zu anderen Therapien unter den Bedingungen der täglichen Praxis; Arzneim-Forsch./Drug Res; 2006 (56); 3; S. 249-257
3. Albrecht, U. et al.: A randomised, double-blind, placebo-controlled trial of a herbal medicinal product containing Tropaeoli majoris herba (Nasturtium) and Armoraciae rusticanae radix (Horseradish) for the prophylactic treatment of patients with chronically recurrent lower urinary tract infections: Current Medical Research and Opinion 2007 (23); 10; S. 2415-2422

2 Comments

  • Trackback: Alles außer Rosenkohl! | frei von & ohne
  • Posted 17:28 18. Januar 2020 0Likes
    By Markus

    Hallo Aline. Die Informationen auf dieser Seite waren mir alle schon bekannt, aber sie sind im Verhältnis zu anderen Seiten sehr gut, weil verständlich geschrieben. Passt dann auch wunderbar zur Wissenschaftskommunikation im About. Grüße Markus.

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