Wir sind zum Kochen verabredet, ich kaufe noch schnell was ein und wer kann denn da bitte nein sagen? Ich mag es auch wenn ich im Hotel ankomme und da liegt ein Betthupferl auf dem Kissen. Ein Schokolädchen, manchmal auch die Gummibärchen oder Schlafschäfchen. Mag ich nicht, aber man kann sie ja einer favorisierten Person auf’s Kopfkissen legen. Ich bin einigermaßen vernarrt in das glutenfreie Zitronenbrot aus dem Hippie-Laden, die Straße runter. Köstlich. Leider verraten sie mir das Rezept nicht, ich habe ca. acht Versuche gebraucht um annähernd an deren Ergebnis zu kommen. „Ist auch für uns jedes Mal eine Überraschung wie es aus dem Ofen kommt“ hat man mir dort mal grinsend gestanden. Ich esse auch gern mal ein Stück Schokolade gleich morgens aus dem Kühlschrank, kalt und bitter. Bestimmt fallen mir noch hundert andere Situationen ein in denen wir uns über Zucker freuen, aber wie wirkt Zucker im Körper und wann wird es zu viel? Schauen wir uns an, was mit Zucker im Körper passiert:
Saccharose ist ein Molekül (Disaccharid) aus Glucose und Fructose.
Nehmen wir Zucker in Form von Saccharose (Rübenzucker, Rohrzucker) zu uns, wird Insulin ausgeschüttet und die Spaltung in Glucose und Fructose veranlasst. Glucose wird von Leber- oder Muskelzellen aufgenommen, wo sie dann entweder schnell verbraucht oder gespeichert wird. Nicht benötigte Glucose wird in Fett umgewandelt, erst in der Leber und bei vollen Speichern dann in den äußeren Körperschichten. Der Abbau der Glucose erfolgt über die Glykolyse. Das C6-Molekül (chemische Summenformel C6H12O6) wird in zwei C3-Moleküle gespalten, als Endprodukte entstehen Lactat oder Pyruvat, pro Molekül Glucose werden zwei ATP-Moleküle (Energie für die Zellen) produziert.
Fructose kommt vorwiegend in Früchten und Honig vor oder wird in Form von Sirup (Isoglucose, Glucose-Fructose-Sirup) in verarbeiteten Lebensmitteln wie Limonaden oder Milchprodukten verwendet.
Was passiert mit Fructose im Körper?
Fructose wird passiv vom Darm in die Darmzellen aufgenommen und von dort ins Blut abgegeben. In der Leber angekommen wird aus Fructose das Frucotse-1-phosphat und danach wird auch hier der C6-Zucker in zwei C3-Zucker gespalten. Diese Zucker liefern per Glykolyse das Acetyl-CoA, das Ausgangsmolekül für die Fettsäuresynthese. Dieser Prozess unterliegt nicht der Steuerung durch das Enzym Phosphofructokinase und damit auch nicht der Geschwindigkeitskontrolle der Reaktion. Grund dafür ist, dass beide C3-Zucker erst unterhalb des Enzyms in die Glykolyse eingehen. Ich befürchte hier wurde es gerade kompliziert. Soll heißen, entscheidend wirkt sich aus, dass es im Gegensatz zu Glucose für die Fructose keine Speicherform gibt. Deshalb bedeutet viel Fructose auch viel Acetyl-CoA und damit auch viel Fettsäuresynthese. Zudem wird Fructose bekanntermaßen Insulin-unabhängig verarbeitet (weshalb man es fälschlicherweise früher für Diabetiker empfahl), setzt also kein Insulin aus den ß-Zellen der Bauchspeicheldrüse frei. Daher entfällt zusätzlich die Steigerung des Energieverbrauchs durch Insulin was wiederum den Einbau in Fettsäuren begünstigt. Die Gefahr der Gewichtszunahme steigt damit also durch hohe Fruchtzuckeraufnahme. Das wiederum soll nicht bedeuteten, dass man keinen Apfel mehr am Tag essen sollte, sondern, dass es sinnvoll ist süße Getränke und vor allem Fructosesirup zu meiden. Die häufigste Reaktion auf den Konsum von Fruchtsaft: „Aber das ist doch Fruchtzucker!“, assoziiert mit: ist doch natürlich, muss doch gesund sein, ist demnach falsch. Vor allem weil der Zucker hier nicht mehr an Ballaststoffe gebunden, sondern eben isoliert ist.
In den Leitlinien zum Zuckerkonsum heißt es, der Anteil an isoliertem Zucker in Form von Fruchtsäften, Fruchtsaftgetränken aus Konzentraten, als Zusatzstoff in Lebensmitteln und Getränken, Honig, Sirup etc. sollte nicht mehr als 25-30 g Zucker pro Tag betragen. Die meisten Deutschen konsumieren ca. 80-100 g pro Tag.
Wie ersetzen wir also ein paar Gewohnheiten durch bessere Gewohnheiten?
Saft & Softdrinks durch Wasser oder stark verdünnte Saftschorle: 1/5 Saft + 4/5 Wasser
Und es gilt immer, was ich mir angewöhnen kann, nämlich das Verlangen nach Süßem, kann ich mir natürlich auch wieder abgewöhnen, am Besten schrittweise.
Joghurt und vegane Varianten: nur pur, auf zero Zucker achten, auch gelegentlich als pur gekennzeichnete Produkte enthalten bei Soja-, Mandel- oder Kokosprodukten dennoch Zucker.
Aber das schmeckt mir nicht: frisches Obst oder Gemüse (JA!) in Form von Beeren, Apfel, Möhre, Gurke, Radieschen, Leinsamen, Kernen, Nüssen zugeben. Kein Honig, keine Marmelade, keine getrockneten Früchte, nur frisch. Am Besten einen kleinen Vorrat aus z.B. Walnüssen, Kürbiskernen etc. anlegen. Pudding, Cremes, fertige Desserts und Sahniges ersetzt man am Besten durch ein gutes Buch oder siehe oben. Ein Löffel Kakao pur im Joghurt geht zum Beispiel recht schmackhaft am Gaumen vorbei.
Schokolade, das dürfte jetzt nicht neu sein mit möglichst hohem Kakaoanteil verzehren, ab mind. 70, besser 80 % Schokoladenanteil, nicht mehr als zwei Stück. Nicht mehr als eine Tafel pro Woche.
Salate und Dressing aus dem Kühlregal: genau dort Stehenlassen! Das können wir besser: fünf frische Zutaten, ergänzt mit Nüssen, Kernen, Samen. Dressing: Essig & Öl. Frischer Pfeffer, Ingwer und immer frische Kräuter geben viel Geschmack. Den Eisbergsalat durch etwas Rucola oder Feldsalat ersetzen, hat mehr drin.
Das Diagramm zeigt den Anteil übergewichtiger Menschen in Deutschland 2013 1
Und bevor sich jetzt wer aufregt: ist mir wurscht wie jemand dabei aussieht, aber hat das nicht etwas mit dem hiesigen Nahrungsmittelangebot zu tun? Mit unseren Gewohnheiten, die industriell verzuckerte Nahrung mittlerweile als das Normalste der Welt hinnehmen?
Wichtig sind die Frequenz des Zuckerkonsums und die Gesamtzufuhr der Kohlenhydrate. Dabei spielt Zucker jedoch sehr wohl eine Rolle weil es mit dem Sättigungseffekt einhergeht und süße Getränke (auch Fruchtsäfte) nicht sättigend wirken und daher durch süße Getränke die Gesamtkalorienzufuhr erhöht wird. Laut DGE wird einer hohen Ballaststoffzufuhr ein großes Potenzial in der Prävention ernährungsbedingter Krankheiten zugesprochen. Die Zufuhr von ballaststoffreichen Lebensmitteln senkt die Risiken für diverse ernährungs-mitbedingte Krankheiten und sollte erhöht werden. Damit verringert sich der Energieanteil, der über Zucker und zuckerreiche Lebensmittel zugeführt werden kann.
Ich vermute jeder von uns würde die Frage, ob ein hoher Zuckeranteil in der Nahrung gesund ist zumindest zögerlich mit „nicht direkt gesund“ beantworten, möglicherweise um nicht zuzugeben was wir alle wissen: isolierter Zucker ist nicht gesund. Der kurze Genuss und das Wohlgefühl, das uns der Geschmack von Süßem vermittelt, wiegen schwerer. Daher die immer wieder geäußerte Vermutung: Macht Zucker süchtig? Aufgegriffen hat das Thema auch Autor Kurt Mosetter in seinem Buch über Zuckersucht.
Und wie man mit weniger als 30g Zucker durch den Tag kommt, lest ihr hier.
- Kommentare der Deutschen Gesellschaft
für Ernährung zu
Guideline: Sugars intake for adults and children
(WHO, Draft guidelines on free sugars released for
public consultation, 5 March 2014)
Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.
Bonn, 31. März 2014 ↩